, Ute Simma

World Rowing Masters Regatta 2022 in Libourne /FR

7.-11. September 2022

Jedes Jahr findet auf einem der sieben Kontinente die größte Ruderveranstaltung der Welt statt - die World Rowing Masters Regatta, an der man in den Masters Kategorien ab Mindestalter 27 Jahren teilnehmen kann. Einige Teilnehmer sind sogar über 80 und 90 Jahre alt. In diesem Alter hat man den Vorteil, dass man nicht mehr soviel Konkurrenz hat ;-)

Es kommen Ruderer und -innen aus aller Welt zusammen, um an diesem Event fünf Tage lang teilzunehmen, darunter viele ehemalige TeilnehmerInnen von Weltmeisterschaften und Olympiaden. Die Anreise oder auch die Leihgebühr für ein Boot vor Ort wird zumeist selbst finanziert. Lediglich die Meldegebühr wird meist vom jeweiligen Verein übernommen.

Ursprünglich hatte ich Anfang des Jahres entschieden nicht an dieser Großveranstaltung teilzunehmen, da niemand anderer vom Wiking und sonst auch nur wenige Ruderkollegen aus anderen österreichischen Vereinen teilnehmen wollte. Nach langen Überlegungen und einer Einladung einiger deutscher Ruderinnen mit ihnen in Renngemeinschaften starten zu können, beschloss ich nach der bereits sehr erfolgreichen Euro Masters Regatta in Bled im Juni 2022 nach Libourne zu fahren.

Vorbereitungen

Mein Partner Manfred hatte sofort den Gedanken, dass wir das ganze per Motorrad machen und noch einen kleinen Urlaub anhängen könnten. Was ich erstmal als Schnapsidee abtat kristallisierte sich sehr zu meinem anfänglichen Entsetzen immer mehr zur fixen Idee heraus. Die erste Herausforderung, der ich mich also stellen musste war somit eine organisatorische. Wie in aller Welt sollte ich alle Sportsachen und Utensilien, die man auf einer so großen Regatta braucht, in den kleinen Motorrad Koffern unterbringen? Ich willigte schlussendlich unter der Bedingung ein, dass ich selbst fahren und somit mehr Gepäck unterbringen konnte. Fragt nicht, aber es ging irgendwie. Man muss, wenn man sich mit dem Motorrad auf Reisen befindet, sehr minimalistisch werden und jedenfalls ausreichend Waschmittel dabei haben.

Da man auf einem Motorrad eher schlecht einen Einer mitnehmen kann, musste ich im Vorfeld versuchen, so einen vor Ort zu organisieren. Das lief nicht ganz unproblematisch ab, da Filippi mich wochenlang ohne Antwort hängen ließ. Letztendlich erhielt ich nur zwei Wochen vor der Regatta eine Absage! Etwas ungehalten über die späte Absage musste ein Plan B her. Über eine Ruderkollegin erhielt ich einen persönlichen Kontakt vom französischen Bootsbauer Falcon - eine relativ junge Marke. Innert 48 Stunden erhielt ich die Zusage sowohl für Training als auch alle drei Einer Rennen. Das Leihboot war somit in trockenen Tüchern. Das Abenteuer World Rowing Masters Regatta per Motorrad konnte losgehen!

Die Reise

Der Tag der Abreise kam - es ging also tatsächlich mit zwei Motorrädern über drei Tage mit jeweils ca 400 km Landstraße (= ca. 6-7 Stunden reine Fahrzeit pro Tag) durch die Schweiz über Basel durch wunderschöne Landschaften entlang der Saône und Rhône nach Libourne, dem Austragungsort der World Rowing Masters Regatta.

Frankreich hat einen ganz besonderen Charme! Während der Anreise und vor Ort haben wir die Franzosen als sehr liebenswürdig und freundlich kennen gelernt. Mit Englisch kommt man immer noch nicht wirklich weit in Frankreich, also musste ich meine 30 Jahre verstaubten Französisch Kenntnisse ausgraben.

Libourne ist eine Kleinstadt in der Größe von Bregenz, an der Dordogne gelegen. Das Umland ist übersäht mit Weinfeldern. Der bekannte und qualitativ hochwertige Pomerol kommt aus dieser

Gegend, in der ein Chateau nach dem anderen mit Wein- und Käsedegustation wirbt. Das ebenso bekannte Saint Émilion liegt direkt neben Libourne und lockt mit einer wunderschönen Altstadt.

Nach der Regatta gab es einen Kurzbesuch in Bordeaux und anschließend einen Trip an die Küste zum berühmten Ort Arcachon, in dessen unmittelbarer Umgebung eine Wanderdüne die absolute Touristenattraktion darstellt. Nach zwei Tagen an verschiedenen Orten der französischen Atlantikküste traten wir die Heimreise an und kamen nach genau zwei Wochen und über 3300 km mit den Motorrädern pünktlich vor dem Kälteeinbruch gesund und glücklich zuhause an.

Die Regatta

Das Regattagelände war riesig und die ca. 5000 Teilnehmer aus über 50 Ländern und hunderte von Booten verteilten sich sehr gut rund um den Ein- und Ausstiegsbereich. Gesamt geschätzt waren ca 7000 Menschen an der Strecke: Athleten, Familien, Freiwillige, Trainer, Besucher usw. (Angaben vom Veranstalter).

Fünf Tage voller Emotionen. Da tritt alles andere erstmal in den Hintergrund. Die Regatta war besser organisiert als es anfangs den Anschein machte. Leider gab es keine Video Wall und keinen Livestream, was bei so einer Großveranstaltung zu erwarten wäre. Wir hatten Temperaturen zwischen 14 und 35 Grad, heiß, kalt, windig, sonnig, bewölkt, regnerisch - alles war dabei. Etwas befremdlich war, dass das französische Militär mit der Waffe am Anschlag patrouillierte. Mehrmals überflog die Luftwaffe teilweise im Tiefflug die Regattastrecke mit ohrenbetäubendem Getose. Im Gegensatz dazu fast schon altmodisch romantisch wirkten die Security Personen, die zu hohem Ross das gesamte Gelände überwachten.

Sportlich gesehen hätte es kaum besser laufen können

Meine drei Einer Rennen in den jeweiligen Alterskategorien waren allesamt sogenannte Start-Ziel Siege, ich konnte diese jeweils mit souveränem Vorsprung und ohne einen Endspurt ins Ziel bringen. Die beiden Zweier Rennen mit Chiara Sacco waren geprägt von hoher Schlagzahl und einer geballten Wucht an Kraft. Detail am Rande: Vor dem ersten Rennen stellten wir kurz vor dem Start fest, dass der Griff des rechten Ruders von Chiara locker war. Sie konnte jedoch rudern. Vor dem zweiten Rennen hatten wir schon wieder ein technisches Problem. Während dem Aufwärmen noch kein Anschein, im Wartebereich vor dem Start musste ich plötzlich feststellen, dass die Halterung der linken Dolle so locker war, dass Rudern nicht möglich war. Chiara warf schon die Nerven über Bord, ich dachte mir, wir fragen uns mal bei den anderen durch. Die Franzosen - wie gesagt, besser organisiert als gedacht - hatten tatsächlich im Wartebereich vor dem Start ein Floß für solche Fälle mit passendem Werkzeug und das Problem konnte rechtzeitig behoben werden! Das Zweier Rennen mit Astrid war ein sehr schönes Rennen, nur leider war die Konkurrenz erdrückend und wir kamen als dritte in einer guten Zeit ins Ziel. Wir waren mit unserem Rennen trotzdem sehr zufrieden. Anfang August war ich bei Astrid in Oberschleißheim zwei Tage zum Trainieren. Sowohl im Training und als auch im Rennen hatten wir viel Freude aneinander und manchmal ist das wertvoller als eine Goldmedaille. Der Vierer mit den deutschen Mädels lief bis 750 m sehr gut, doch dann setze sich das andere Boot durch und am Ende wurde es der zweite Platz. Der Achter mit den deutschen Mädels lief von Anfang an wie eine Maschine, der Sieg war souverän. Gleiches kann ich vom Mix Vierer in anderer deutscher Kombination berichten. Bereits 2018 bei der Euro Masters in Oberschleißheim kam ich per Zufall in dieses Boot und es lief von Anfang an als hätten wir schon immer miteinander trainiert. Diesen Erfolg konnten wir wiederholen und das Rennen klar für uns entscheiden in einer Zeit schneller als so mancher Achter. Auf der Regatta ergab sich spontan ein weiteres Mix Rennen. Die Italiener fragten mich, ob ich einen

Mix Achter mit ihnen rudern würde. Da ich erst ein Rennen am Sonntag hatte sagte ich zu. Leider waren wir die einzige Meldung in der Kategorie A, durften dann aber in der Kat. B außer Konkurrenz mitstarten. Als einziger Starter in einer Kategorie erhält man immer eine Goldmedaille. Sowas passiert normalerweise nur über 90 jährigen! Das Rennen selbst haben wir nicht gewonnen, gefreut über Gold haben wir uns trotzdem.

Die Ergebnisse

Tag 1
Sieg und Tagesbestzeit im 1x Kat(=Kategorie) A
Tag 2
Sieg und Tagesbestzeit im 1x Kat C
Sieg im 2x Kat A mit Chiara Sacco aus IT
Tag 3
Sieg im 8x Kat D mit deutschen Mädels
2. Platz im 4x Kat C mit Jutta Lolies, Andrea Kaufmann und Edda Stöcker aus DE
3. Im 2x Kat B mit Astrid Freyeisen aus DE
Tag 4
Sieg im 2x Kat C mit Chiara
Sieg und Tagesbestzeit im 1x Kat B
Tag 5
Sieg (ausser Konkurrenz, da einzige Meldung) im 8x in Kat A mit Chiara und anderen ItalienerInnen
Sieg im Mix 4x Kat. B mit Axel Oschmann Verena Schuhmacher und Moritz Schneider aus DE

Merci beaucoup, au revoir et à la prochaine fois